Lebenshilfe

Am 23.01.2008, 00:00:21 Uhr schrieb Jürgen Jankowitsch

KEEP IT SIMPLE

 

Ich habe im Jahre 2007 so viele Konzerte besucht, wie schon seit Jahren nicht mehr. Es waren viele richtig gute darunter, ein sehr gutes und ein wirklich überragendes: Van Morrison in Freiburg.

Ich möchte nicht behaupten, der „Celtic Soul Bruddler" hätte in den letzten Jahren geschwächelt, aber seit der großartigen LP „Back on Top" von 1999 sind seine Studioplatten lediglich ordentlich bis gut ausgefallen. Ist ja aber auch durchaus ok, für einen, der so viele hochklassige Veröffentlichungen zu Buche stehen hat. Man muss eh grundsätzlich unterscheiden, zwischen dem Van Morrison auf Platte und dem Van Morrison bei Liveauftritten.

Bei seinen Liveauftritten kommt es immer darauf an, in was für einer Stimmung sich VM befindet, wer aus seinem Pool an Musikern gerade mit auf der Bühne steht und ob ein Special Guest mit von der Partie ist. Man kann sich heute ein VM-Konzert anschauen und eines morgen und die Setlist und die Gesamtstimmung variieren dabei zu 95%. So ist ein Van Morrison-Konzert immer ein spannendes Ereignis: für ihn, für die Band und für das Publikum gleichermaßen - wobei die Band einen grundsätzlich hohen Standard garantiert und ich auch noch nie ein schwächeres VM-Konzert gesehen habe, selbst mit Stargast Candy Dulfer nicht. Aber eine Art Wundertüte bleibt das Ganze stets.

Van Morrison hatte an diesem Abend im August gewaltig abgespeckt. Er selbst wirkte wesentlich schlanker als noch vor zwei Jahren - wahrscheinlich läuft er jetzt auch mit Skistöcken durch Avalon und auch die Band wurde von übermächtigen Bläsern und Saxofonisten befreit.

Es standen zehn Personen auf der Bühne, darunter die Crawford Bell Singers zu Dritt als Backgroundchor, die großartige Sarah Jory an Pedalsteel und Dobro, Tony Fitzgibbon an der Fiddle sowie die üblichen Morrison-Verdächtigen Paul Moran, Ned Edwards und Neal Wilkinson an Hammond / Flügel, Gitarre und Schlagzeug. Sein eigentlich treuester Wegbegleiter, der Bassist David Hayes war nicht dabei - statt dessen Paul Moore am Bass.

Das Konzert fand im Innenhof einer Brauerei statt und es sah da auch aus wie im Innenhof einer x-beliebigen Brauerei. Wo sonst eben LKW's wenden und Kisten gestapelt werden, stand nun die Bühne. Alles andere also, als ein besonderer oder gar magischer Ort für ein Konzert - aber intim und überschaubar.

Wenn ein Van Morrison-Konzert auf 20.00 Uhr angesetzt ist, dann beginnt das Konzert um 19.59 Uhr. Es ist seine Art mit den blöden Musikbizgepflogenheiten umzugehen, dass immer alles erst 1,5 Stunden später losgeht. Dies sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben - sollte man meinen.

Pech für diejenigen, die das nicht wussten, denn schon nach den ersten Takten forderte Morrison den Backgroundchor auf, doch mal ein bisschen mehr Energie und Volumen in den Vortrag zu legen und damit war schnell die Ausrichtung klar. Die große Leistung eines Van Morrison ist die, dass er seine Band durch so einen Abend schleust oder andersherum ausgedrückt, die Band ihm eben irgendwie folgen muss. An diesem Abend klappt das famos. Der Sound ist brillant, Morrison bei allerbester Stimme. Die Arrangements mit viel Pedal Steel und Fiddle passen hervorragend. Morrison gestikuliert viel, verteilt Einsätze, singt, croont, shoutet - warmherzig, liebevoll, tiefempfunden und aufopfernd. Die Musiker harmonieren prächtig, sind mit Leidenschaft und Spaß bei der Sache - aber immer hochkonzentriert und ehrfürchtig. Morrison steuert irgendwie durch seinen riesigen Fundus an Songs, sagt das nächste Lied im Outchorus des letzten Songs an, zitiert hier und hinterfragt da. Dabei überzieht er nicht und auch die Solos der Musiker sind kurz und prägnant gehalten. Es findet nie ein Showcase statt, sondern es geht stets um den Gesamtsound, die gemeinsame Intensität und den Song.

Bei einigen Instrumentalparts steht Morrison andächtig da, lauscht der Musik und lächelt - einig mit sich, Gott und der Welt. Man kann Morrison eigentlich nicht genug loben, für solche Auftritte voller Spannung und Enthusiasmus - mag er jenseits der Bühne auch noch so ein komischer Kauz sein. Ihm ging es im Laufe seiner mittlerweile 45-jährigen Karriere immer nur um Musik: „It's all in the music - straight from the heart".

Morrison wird auch nicht jünger und den Musiker- und Arrangementrefresh, den er vorgenommen hat, passt absolut. Der Zeitpunkt ist also günstig! Am 29.02 spielt er im Palladium in Köln, am 01.03 in der Jahrhunderthalle in Frankfurt und am 09.05 in Berlin im Tempodrom.

Am 11.03 erscheint sein neues Album „Keep it simple" (Exile/Lost Highway/Polydor)

 

Setlist Freiburg
1. Did Ye Get Healed ?
2. Have I Told You Lately ("Las Vegas Version")
3. Magic Time
4. Big Blue Diamonds
5. Bright Side Of The Road
6. Only A Dream
7. Back On Top
8. Little Village
9. Early In The Morning
10. Real Real Gone / You Send Me
11. I Can't Stop Loving You
12. Moondance
13. Blue And Green
14. Precious Time
15. Saint James Infirmary
16. Star Of the County Down
17. Wild Night
18. Help Me
19. Brown Eyed Girl
20. Gloria